Väterlichkeit

Der Vatertag im Juni inspiriert mich zum Thema Väterlichkeit.

So wie im Artikel um die Mütterlichkeit ist es mir wichtig zu betonen, dass die Aspekte der Mütterlichkeit und Väterlichkeit in beiden Geschlechtern Ausdruck finden können. In Zeiten, in denen Alleierziehende auf beiden Seiten häufig sind, wird aber die Überforderung sichtbar und spürbar, wenn die Aspekte der Mütterlichkeit und Väterlichkeit von einer einzigen Person, egal ob weiblich oder männlich, getragen werden müssen.

Diese Überforderung bedeutet sowohl Leid für den Elternteil, wie auch für die Kinder. Leider finden wir noch zu wenig „Auffangbecken“ in Form von Kinderbetreuungseinrichtungen, in denen ein angemessenes Verhältnis zwischen Kind und Bezugsperson vorhanden ist. 

Positiv erlebte Väterlichkeit

 

Das Wesen der Väterlichkeit besteht darin, einen Raum zu schaffen und diesen Raum zu schützen. Das bedeutet auch diesem Raum Grenzen zu geben. Grenzen bieten Orientierung, Halt und auch Sicherheit.

Erlebt ein Kind diesen Raum der guten Grenzen, fühlt es sich sicher und kann sich entfalten. Eine verlässliche Väterlichkeit gibt Kindern die Sicherheit ihr Leben meistern zu können. Es gibt ihnen Zutrauen in die eigene Kraft.

 

 


Fehlende Väterlichkeit

 

Fehlt die väterliche Kraft, ist das Kind durch Grenzenlosigkeit überfordert. Es reagiert darauf entweder mit einem starken Rückzug und mangelndem Vertrauen ins eigene Leben oder es gibt sich der Grenzenlosigkeit voll hin. Beides sehen wir deutlich in unserer Gesellschaft.

Es gibt viele depressive und verhaltene Kinder und Jugendliche, die keinen Zugang zu ihrer eigenen Kraft finden können.

Auf der Gegenseite wachsen Kinder heran, die keinerlei Grenzen kennen und respektlos mit den Grenzen anderer umgehen.  Unser ganzes Wirtschaftssystem ist bisher auf dieser Grenzenlosigkeit aufgebaut – ohne  Rücksicht auf die Natur, ohne Rücksicht auf die begrenzten Ressourcen. Wo keine Rücksicht auf die Natur, auf unseren Planeten Erde genommen wird, herrscht auch Rücksichtslosigkeit der menschlichen Natur gegenüber und wir landen in der Selbstzerstörung.

 

Alles Materielle, die Erde und ihre Rohstoffe, unser physischer Körper, all dies hat klare Grenzen und damit auch ein Ende.

Alles Immaterielle, unsere  seelisch – geistigen Aspekte sind grenzenlos, sie können grenzenlos wachsen. Vertrauen, Liebe, Mut, Verständnis, Mitgefühl, all das lädt zu Grenzenlosigkeit ein. Das sei hier nur am Rande erwähnt.

 

Gewalttätige Väterlichkeit

 

In diesem Fall ist der Vater da und fordert die Einhaltung der Grenzen mit Gewalt ein. Im schlimmsten Fall füllt der den ganzen Raum mit seiner Gewalttätigkeit.

Beides wird uns durch die Medien tagtäglich hörbar und bildlich ins Haus geliefert. Kindesmisshandlungen furchtbarster Art kommen ans Tageslicht. Gleichzeitig schüren das gängige Fernsehprogramm und die Filmindustrie, die sich an Brutalität ständig wieder neu überbieten, ein Feld von scheinbar anerkannter Gewalttätigkeit.

Kinder, die in einem gewalttätigen Umfeld aufwachsen, sind gefährdet diese Gewalt weiterzugeben. Nur wenige schaffen es, aus diesem Rad auszusteigen.

 

Blick in die Vergangenheit

 

Gerade im Thema fehlende oder gewalttägige Väterlichkeit spielen die beiden Weltkriege nach wie vor sehr massiv in unsere Leben hinein.

Wenn wir uns vor Augen halten, wie viele Kinder durch den Krieg ihre Väter verloren haben, ist es klar, dass es eine ganze Generation von fehlenden Vätern gegeben hat. Die Kinder dieser Zeit (der 40 er Jahre) sind oft als Halbweisen herangewachsen und haben in ihrem eigenen erwachsenen Leben zwar die Rolle eines väterlichen Versorgers einnehmen können, waren aber oft emotional abwesend. Sie hatten keine tragenden Vorbilder als Väter und Männer in sich und haben das an die nächste Generation weiter gegeben.

Auf der anderen Seite sind Väter traumatisiert von den Kriegen heimgekehrt, haben sich entweder ganz verschlossen oder haben die erlebte und gelebte Brutalität weitergegeben. Ihre Kinder wurden Opfer von Gewalt und der Kreislauf startet von Neuem.

 

Blick in die Gegenwart

 

Die furchtbaren Folgen für betroffene Kinder habe ich oben kurz skizziert.

Was heißt es für uns als Gesellschaft?

Wir sehen die Not in Kindergärten und Schulen, wo die Betreuungspersonen, Lehrpersonen mit Kindern, die entweder in einer Depression oder in einer Grenzenlosigkeit agieren, völlig überfordert sind.

Wir leben (?) durch eine Wirtschaft, die die Grenzenlosigkeit mit Selbstverständlichkeit propagiert und viele erschöpft zurücklässt, im klassischen Burn-out.

 

Diese Überforderung gipfelt in einem Ruf nach Hilfe. Wo ist der gute Vater, wo ist der gute Papa?

Die Verantwortung wird nach Außen projiziert.

In Österreich haben wir den Ausspruch: „Papa Staat wird´s schon richten“.

Die Auswüchse zeigen sich in einem Gesetzesdschungel, der immer krasser wird.

Für alles braucht es eine Bestimmung von oben, beim Thema Gesundheit erleben wird das gerade offensichtlich.

 

Weg aus der Krise

 

Je mehr Verantwortung wir übernehmen, umso mehr gestalten wir unser Leben. Wir kommen nicht umhin, um uns der Eigenverantwortung immer mehr bewusst zu sein. Gleichzeitig heißt es, Kindern ein Aufwachsen zu ermöglichen, in dem sie spüren können, dass man liebevoll Verantwortung für sie trägt, sodass sie diese Verantwortung später selbst übernehmen können.

 


Aus diesem Grund sehe ich einen großen Bedarf und eine NOTwendigkeit darin, sich mit der eigenen Familiengeschichte auseinander zu setzen, um den Kreisläufen von Machtmissbrauch und Ohnmacht ein Ende zu bereiten. Das betrifft Frauen und Männer gleichermaßen. Wir brauchen ein Umdenken im Kleinen wie im Großen. Damit kehre ich auf das oben erwähnte zurück.

 

Lassen Sie uns anerkennen, dass alles Materielle begrenzt ist, d.h. die Natur, ihre Ressourcen, unser Körper…Lassen Sie uns anerkennen, dass alles Immaterielle, das heißt, Friede, Vertrauen, Mitgefühl, Verständnis, Liebe…darauf ausgerichtet sind, sich grenzenlos zu entfalten.